Stopp. Zeitlupenoptik. Ich höre
keinen Ton.
Ganz langsam und gezielt bewegt sich
der Colt, der gerade noch zwischen meinen Augen einen Druckpunkt
hinterließ, an meinem rechten Augenlid vorbei. Ich kann jede noch so
kleine Rille im fein geschliffenen Eisen sehen. Drei Kerben finden
sich am linken, unteren Rand, direkt vor dem Abzug der 44er. Wo ich
herkomme sagt man, jede davon zähle eine Seele, die das Schießeisen
im Tausch für das ausgespuckte Blei bekommt. Für das Blei, dass
sich in runder Perfektion erst beim Aufprall in tausend Stücke
zerfetzt. Nicht nur sich selbst, auch den Kopf, in den sich die
Kugel, weniger mit nagender Präzision als mit pfeilschneller
Sicherheit, kontinuierlich bohrt. Wenn man das so durchdenkt, könnte
dieser Vorgang Stunden dauern. Stunden, in denen sich das in Guss
gegebene Mordwerkzeug mit einer gewaltigen Aufdringlichkeit durch
deine Schädeldecke bohrt, bevor es endlich durchbricht. Stunden, in
denen das Blei in deinem Kopf schwimmt, bevor es deine Nervenzentrale
erwischt. Im Kleinhirn wahrscheinlich, genau dort, wo du dir
vielleicht genau in dieser Stunde überlegst, ob der Kerl im
dunkelgrünen Trenchcoat, in kurzen Hosen und getarnt durch die
verdunkelte Fliegerbrille, wirklich abdrücken will. Einfach nur weil
deine Gedanken langsamer sind als der Mechanismus der Magnum. Keine
Gedanken, die du dir machen möchtest. Eher Gedanken, die deine
unfassbare Angst ausgelöst haben, in der sturen Hoffnung auf
Ladehemmung. Nur, um den nächsten Morgen zu erleben. In der heilen
Hoffnung, morgen wieder mit genau den Augen, die momentan den Lauf
fixieren, deine Familie anzusehen. Mit all diesen Emotionen, diesen
Vermutungen, diesen Gedanken und dem kleinen 9mm dicken Stück Blei
lässt dein Kopf dich allein. Für Stunden. Schmerzhafte Stunden, in
denen sich die Munition unnachgiebig durch den Gehirn frisst, bis
schließlich die ersten Sonnenstrahlen auf die gerade ausgetretene,
wohl geformte Spitze der Kugel am Hinterkopf treffen und das matte
Kupfer sich im blendenden Licht reflektiert.
Doch in Wirklichkeit?
Keine Millisekunde, in der das Geschoss
sich durch die tätowierte Fläche zwischen meinen Augen bis zum
weichen Dschungelboden durcharbeiten würde. Kein Schmerz. Kein
Gedanke.
Nicht einmal letzte Worte hätte mir
der dicke Kubaner gewährt. Ein Schuss. Zack. Keine Familie, keine
Angst, keine Träne. Zumindest dann nicht mehr. Dann endlich nicht
mehr.
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