Dienstag, 23. Dezember 2014

Die 15 besten Deutschrap-Alben 2014 (Platz 5 – 1)

Wenn man die 15 besten Deutschrap-Alben küren möchte, kommt man nicht nur an einer Hand voll Künstler so überhaupt nicht vorbei, man muss dazu auch noch einiges anhören. Denn Deutschrap war so häufig wie nie in den Charts – Und das liegt eventuell daran, dass so viel wie seit Jahren nicht in die Läden kam. Verdammt viele zweitklassige Straßenalben, Möchtergernpoesie-Platten und Battlerap-Klassiker mit Streicheleinheiten liegen hinter uns. Aber eben auch Highlight über Highlight. Auf dem Podium treffen wir Uns mit dem zukünftigen, erstem Rap-Toten, der vermutlich durch einen Schuss ins Herz stirbt. 


Platz 5: Curse – Uns


2. Oktober 2012. Ich stehe nichtsahnend in Reihe vier eines Konzerts, dessen Hauptattraktion eigentlich so gar nichts mit „Uns“ zu tun hat – Aber zum zehnjährigen Bühnenjubiläum von Fabian Römer gratulierte eben auch Michael Kurth. Ein Mann, der mir in dieser Sekunde nichts, aber wirklich gar nichts, sagte. Und dann bietet genau dieser Michael Kurth die besten drei Minuten einer grandiosen Show, als er das Publikum fragte, was denn jetzt sei – Jetzt? Jetzt war ich Fan. Nur Tage später einmal durch die ganze Mediathek geklickt und schon war ich nicht nur um 10 Rap-Gebote klüger, sondern auch um die Erkenntnis, dass, als dieser Curse sich seine „Freiheit“ im Jahr 2008 nahm, ein grandioser Künstler Deutschrap vorerst verließ. Zum Glück holt er 2014 nicht nur sein „Herz zurück“ und bereitet dem Ende ein „Ende“, denn so berührend, offen und nahbar präsentiert sich in diesem Jahr kein anderer Künstler. Curse is back – Und wie. Mit knallenden Drumsets, starken Piano-Klängen und einem generell mehr als authenthischen Soundteppich der Beatgees bewegt sich der Mindener lyrisch so ansprechend wie genial auch auf „Uns“ immer noch und liefert mit einer Zeile die eventuelle Hymne einer ganzen tristen Jugend- und Landleben-Generation: „Wenn nichts mehr geht, geh ich weg von hier.“ Kurz, prägnant, richtig. Es sind eben immer noch die kleinen Zeilen, die Großes im Deutschrap bewegen – Wenn man es so sehen will, ist „Uns“ der erste Riese in der Top 10 des Jahres 2014.


Platz 4: Marteria – Zum Glück in die Zukunft 2


Zum Glück in die Zukunft ist nicht nur das Motto eines jeden, klassischen Silvester- und Neujahreids, sondern hat auch im Musikbusiness eine große Nachfolge anzutreten. Schließlich war der zweite Teil um Marty McFly der beste aus der Trilogie, und so hat das Marten Laciny gefälligst auch zu inszenieren! Und genau das ist „ZGIDZ II“. Großartig inszeniert. Das beginnt schon beim gefühlvoll souligen 50er-Jahre Intro, geht weiter über Hitsingles bis hin zu Saufhymnen, wo „der Knopf, auf dem Selbstzerstörung steht“ auf tote Hosen trifft. Wer das kombiniert, schafft es auch, einen Track gemeinsam mit seinem Alter Ego Marsimoto live zu performen – Trotz Stimmenwechsel. Das dritte Soloalbum des Rostockers ist mit Sicherheit nicht das absolute Meisterwerk geworden, was man sich davon versprach, doch allein durch die grandiose Untermalung der Krauts ist das Album auf jeder Top-10-Liste seinen Platz wert. Und natürlich nimmt auch Marteria der Platte nichts. Ob das nun mit der Hooligan-Hymne und den dazu gehörenden brennenden Bengalos zu tun hat oder doch mit dem epochalen Abgang einer Zukunft, die hoffentlich wieder an eine Welt voller Wunder glaubt, sei mal dahin gestellt. Doch wer behauptet, Marteria hätte enttäuscht, weiß schlichtweg nicht die Brillanz einer durch und durch ausproduzierten und lyrisch vielleicht nicht perfekten, aber dennoch inspirierenden Platte zu schätzen. Jetzt hoffen wir mal, dass Teil 3 nicht so kacke wie der Film wird.


Platz 3: Olson – Ballonherz


Vom eigens inszenierten Hollywood zum besten Moment des Films, mitten in Paris spielend. Wie man Ende August merken durfte, klingt so der Beginn eines absolut perfekten Albums. Und das trotz aller negativen Vorzeichen. Der kleine Rudeboy aus dem Jahr 2008, der ganz plötzlich seinen Labeldeal beim Major unterschreibt und plötzlich Pop-Schnulzen trällert. Aber mit wie viel Talent, Begeisterung und Detailliebe man das machen kann – Das konnte man auch erst beim fünften Durchgang von „James Dean“ zu Beginn der Promophase erahnen. Ballonherz ist kein Album, welches man einmal hört und weiß, wie unfassbar gut das produziert wirkt. Ballonherz wird von Mal zu Mal stärker. Aus der eigentlich homogen wirkenden Masse von Pop-Balladen, welche die Beatgees für den ehemaligen Rudeboy komponiert haben, hört man vorerst nämlich nur Bekanntes heraus, was ungleich ein wenig jugendlicher in 1er Jordan-Verpackung ankommt anstatt in auf dem Bolzplatz ausgelatschten FILA-Schuhen. Beim zweiten Mal hört man plötzlich das zeternde Echo in der Hook von „Mein kleines Hollywood“ oder „James Dean“, die sanfte, unfassbar angenehme Frauenstimme im Background der „Fernweh I“ -Bridge und und und. Und so wird aus Ballonherz nicht weniger als das Anti-XOXO einer Generation, die eine „Chanel aus deiner Liebeskind“ macht, anstatt ihr Monument auf Selbstmitleid zu bauen. So unterschiedlich, und dennoch so gleich. Olsons Rechnung geht auf, sein Ballonherz steigt. Und steigt. Und steigt.


Platz 2: Kool Savas – Märtyrer


Denn ihr habt lang genug gewartet … Ja, das haben wir. Wie immer. Doch, wie auch 2014 noch immer gilt, enttäuscht der King of Rap nicht auf Albumlänge. Nach der Epos-Platte „Aura“, dicht gefolgt von Pop-Ausflügen mit gespaltener Persönlichkeit, wovon die eine Hälfte aus nerviger Gesangsstimme besteht, widmet sich Kool Savas auf „Märtyrer“ endlich wieder der Thronverteidigung – Und was lehrte uns schon „Game of Thrones“ in den letzten Jahren, wie das geht? Richtig, alle möglichen Titelaspiranten umbringen. Und wenn einer das so schön kann wie Kool Savas, dann soll er sich doch bitte zeigen, denn auch jetzt findet, nach 20 Jahren, findet sich keiner, der da das Wasser reichen könnte. Denn ohne eine einzige Mutter, Freundin oder sonstwen ins Spiel zu bringen, deklassiert er jeden MC, der „allein auf dem Thron herrschen“ will. Einwandfrei nicht nur in Tracks wie „Zweifel und Bestätigung“ dargestellt, sondern auch auf „Es rappelt im Karton“, in der er zeigt, wer im Deutschrap wirklich keinen Refrain braucht, um zu überzeugen. „Märtyrer“ ist keine Platte für den Tumblr-Blog, um ihn mit pseudo-tiefschürfendem Material zu füllen. „Märtyrer“ ist keine Platte, die sonderlich anspruchsvoll daher kommt. „Märtyrer“ ist Battlerap in seiner reinsten Form, einer Kampfform – Und keiner beherrscht sie so gut wie Savas.


Platz 1: Haftbefehl – Russisch Roulette


Als Mitte des Jahres die Frage, wer Bock auf Russisch Roulette hat, im Raum stand, konnte noch keiner ahnen, was da auf uns zukommt. Denn Haftbefehl hat endlich das erkannt, was viele ihm schon seit Jahren sagen – Es ist ja ganz nett, all seine Kumpanen auf Tracks zu verewigen, aber die sind leider alle nicht so talentiert wie er selbst und ziehen alles runter. So lässt er die Affen erst auf einer extra-angefertigten BABO-Edition aus dem Zoo und lässt sein Album das sein, was es sein soll – ein Soloprojekt. Und was für eins. Haftbefehl hat kein Straßenrap-Album gemacht. Er hat DAS Straßenrap-Album gemacht. Der letzte, der Geschichten so realitätsnah, bitter und wahrheitsgetreu herüber brachte, rappte damals noch von seinem Reich vom ersten bis zum 16. Stock. Aber Aykut Anhan ist anders. Er ist dunkler, rougher – Besser. Was der Frankfurter auf Albumlänge zeigt, beschreibt kein „Hurensohn“, kein „Babo“, kein sonstiges Trendwort, was auch dem Rapper kein unbenutzbarer Begriff ist – Es beschreibt die Realität. Und zwar so nah, so greifbar und stark, wie man sie als Mittelschichtsbürger vielleicht nie kennenlernen konnte oder wollte. Dass er all das nicht einmal aussagen müsste, weil er mit einer dermaßen großen Energie ans Werk geht wie es kein anderer kann, ist ihm wohl auch selbst bewusst. Wenn er von Benny Blanco dann auch noch mit knallenden Drumsets und rauschenden Synthies unterlegt wird, dann kommt da eben spontan auch mal das Album des Jahres heraus. „Alles kleine Bushidos, so war die Lage bevor er kam“ - Und plötzlich hat es ja jeder gewusst, dieser Haftbefehl rappt gut. Na dann. Lassen wir das mal so stehen und vergessen etwaige Blogger und die Millionen Dislikes auf allen YouTube-Kanälen für den Azzlack, der hoffentlich, entgegen all seiner Tracks, uns noch lange erhalten bleibt. Aykut Anhan hat es geschafft. Der Babo hat seine 1, auch hier – Wenn schon nicht in den Charts. Fick diesen ACDC und schmeiß den Gasherd an stattdessen!  



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Am 30.12.2014 werden die besten EPs und Punchlines gekürt, inklusive eines Blicks über den großen Ozean. Sobald erschienen, HIER klicken.

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